„Ohne mich wird es schlimmer“, „Ich mache mir solche Sorgen“... Über die Arbeit mit Angehörigen,
Abhängigkeitserkrankungen und problematischer Konsum von Suchtmitteln betreffen nicht nur die Erkrankten selbst, sondern immer auch ihr Umfeld. Angehörige sind Eltern, Großeltern, Geschwister, Partner, Partnerinnen, Kinder, Nachbar_innen, Arbeitskolleg_innen, Freund_innen.... Sie alle sind oft von der Krankheit mitbetroffen, leiden darunter und werden in die Dynamik der Sucht miteinbezogen. Es gibt jedoch für Angehörige die Möglichkeit, aus gewohnten Verhaltensmustern auszusteigen.
„Personen, die mit einer Süchtigen zusammenleben oder eine enge Beziehung haben und deren Leben dadurch beeinträchtigt ist“. (Monika Rennert) werden oft als co-abhängig bezeichnet. Viele Angehörige beschäftigen sich schon länger für sich mit Fragen rund ums Thema Sucht, recherchieren dazu im Internet und lesen in diversen Büchern. Dabei stoßen sie auf den Begriff der Co-Abhängigkeit und finden sich in den Beschreibungen oft wieder. Zu erkennen, dass auch andere Menschen ähnliche Gedanken und Fragstellungen haben, kann sehr hilfreich sein. Es ist jedoch wichtig zu wissen, dass der Kontakt mit einer Person, die einen Suchtmittelkonsum hat, keine eigene „Krankheit“ oder Diagnose ist. Wenn ein Familienmitglied eine Suchterkrankung entwickelt, reagieren Angehörige mit ihren zur Verfügung stehenden Problembewältigungsstrategien, die zunächst rollenkonform und normal sind. Sucht als Krankheit hat einen starken Aufforderungscharakter, Verantwortung und Kontrolle für einen (erwachsenen) Menschen zu übernehmen. Reagiert wird auf unterschiedliche Art. Eine Möglichkeit ist Beschützen, die Angehörige bewahren sich selbst und die Betroffenen davor, die volle Tragweite der Konsequenzen eines Konsums zu erfahren. Eine andere ist das Finden von Erklärungen, indem Angehörige sich bemühen, Entschuldigungen für das Verhalten der konsumierenden Person zu finden. Für sich selbst und für die Umwelt, durch Beschönigen, Bagatellisieren, Nicht-wahrhaben-Wollen und Leugnen der Realität. Auch das Übernehmen von Verantwortlichkeiten kommt vor, Angehörige räumen Probleme aus dem Weg, um keine Gründe für einen weiteren Konsum „zu provozieren“. Auch schwierigen und schmerzhaften Fragen rund um die Themen Schuld („Was ist mein Anteil am Suchtverhalten meines Angehörigen?“) und Gefahren („Was kann ihm/ihr alles Schlimmes passieren?“) tauchen auf.
Zentrale Aspekte sind allerdings auch, dass eigene Bedürfnisse in den Hintergrund gestellt werden. Das alles kann bei Angehörigen zu dauerhaften Belastungen führen.
Wenn Sie in Ihrer Partnerschaft, in Ihrer Familie, in Ihrem Freundes- oder Bekanntenkreis mit dem Thema Sucht konfrontiert sind und dazu Fragen haben, scheuen Sie sich nicht, darüber zu reden! Es ist gut, sich Antworten auf die Fragen über auslösende und aufrechterhaltende Faktoren von Abhängigkeitserkrankungen und deren Behandlungsmöglichkeiten geben zu lassen. Es ist wichtig, sich Unterstützung dabei zu holen, einen neuen Umgang mit dieser Belastungssituation zu finden,neue Wahrnehmungen und Handlungsmöglichkeiten für sich zu entwickeln und dabei die eigenen Grenzen zu respektieren..
Auch der dialog steht für Angehörige als Ansprechpartner_in zur Verfügung, ob telefonisch, in einem persönlichen Gespräch oder online. Darüber hinaus bietet der dialog eine Gruppe, in der Angehörige von Suchtmittelkonsument_innen Erfahrungen und Informationen austauschen können. Ziel ist es, gemeinsam Strategien zu finden, um mit der Situation besser umgehen und dabei auf sich selbst achten zu können. Sämtliche Angebote sind kostenfrei und können auch anonym in Anspruch genommen werden. Zudem unterliegen wir inhaltlich einer strengen Verschwiegenheitspflicht. Sie können sich auch dann an uns wenden, wenn die konsumierende Person nicht im dialog betreut wird.
Literatur:
Rennert Monika, 2012, Co-Abhängigkeit: Was Sucht für die Familie bedeutet, Lambertus Verlag
https://www.dialog-on.at/sites/default/files/downloads/positionspapier_d...
Dialogwoche Alkohol 2021 https://www.dialogwoche-alkohol.at/ueber-uns/rueckblick/