Sucht und Beschäftigung: 30 Jahre Reintegration Suchtkranker auf den Arbeitsmarkt - Zur Schließung des Standorts mit Ende des Jahres
Die Nachricht kam überraschend: Der Dialog-Standort Sucht und Beschäftigung (SUB) mit dem Projekt „Standfest“, das suchtkranken Menschen auf dem Weg zurück in die Arbeit unterstützt, wird mit Ende des Jahres geschlossen. Diese Entscheidung stellt nicht den Erfolg der jahrelangen Arbeit infrage, sondern erfolgt im Zuge umfassender Sparmaßnahmen, von denen auch andere reintegrative Einrichtungen im Suchtbereich betroffen sind. Für unsere Klient_innen fällt dadurch ein wichtiger Teil der Unterstützung auf dem Weg zurück in ein selbstbestimmtes Leben weg.
1996 als EU-Projekt ins Leben gerufen, verfolgte „Needles or Pins“ (NoP) die Idee von „Alles unter einem Dach“: Arbeitsmarktpolitisch relevante, psychosoziale und medizinische Angebote boten suchtkranken Menschen die Möglichkeit, die Arbeitsfähigkeit (wieder)zuerlangen. 2000 wurde der Standort in die nationale Regelförderung übernommen. Berufsorientierungskurse, Training der Schlüsselqualifikationen und Coaching wurden von klassischer Betreuung begleitet. Das Konzept änderte sich auch durch unterschiedliche Anforderungen nicht, im Gegenteil: Während das NoP seine Innovationskraft und seine Flexibilität unter Beweis stellte, blieb die Qualität unverändert hoch. So boten wir unseren Klient_innen Verkaufstrainings, unterstützten sie konkret bei der Arbeitssuche oder erhöhten ihre Kompetenzen im Rahmen einer virtuellen Firma.
2009 konnte mit „Standfest“ die Zielgruppe klarer benannt werden: Im Zentrum standen nunmehr Menschen, die (noch) relativ weit vom Arbeitsmarkt entfernt waren. In Zusammenarbeit mit anderen reintegrativen Einrichtungen des Sucht- und Drogennetzwerks konnte so eine nachhaltige Unterstützung geboten werden. Der Standort, der inzwischen in „Sucht und Beschäftigung“ umbenannt worden war, stellte für viele Klient_innen eine wichtige erste Anlaufstelle auf dem Weg zurück auf den Arbeitsmarkt dar. Zur Betreuung kamen nun unterschiedliche Workshops, welche die Bedarfe und Bedürfnisse der Klient_innen berücksichtigten. Die Betreuung wurde – wie an allen anderen Standorten des Dialog – auch unter den erschwerten Bedingungen während der Covid 19-Pandemie fortgesetzt, indem etwa das Gedächtnistraining via Telefon durchgeführt wurde.
Dass die Klient_innen das Angebot schätzen, wissen wir aus unseren Klient_innenbefragungen, doch auch die Rückmeldungen der Fördergeber_innen und Kooperationspartner_innen fielen ungebrochen positiv aus. Mitten in die ersten Überlegungen zum 30-Jahr-Jubiläum platzte im Oktober die Nachricht, dass auf Grund der angespannten Budgetsituation der Stadt „Standfest“ nicht weitergeführt werden könne. Die Betroffenheit bei Klient_innen und Mitarbeiter_innen ist groß, geht damit doch ein wichtiges und bewährtes Angebot zu Ende. Zwar wird der Dialog versuchen, die jahrelang aufgebaute arbeitsmarktpolitische Kompetenz in seine Angebote zu integrieren, dennoch wird „Sucht und Beschäftigung“ als Bindeglied zwischen Arbeitsmarktservice und Suchthilfe eine Lücke hinterlassen.
Auch für die Suchtprävention und Früherkennung geht eine wichtige Ressource verloren, wurden doch einige Präventionsprojekte im arbeitsmarktpolitischen Bereich gemeinsam umgesetzt und Teilnehmer_innen aus kooperierenden Einrichtungen ins SUB vermittelt.
Mit der Schließung des SUB findet eine Erfolgsgeschichte somit ein unerwartetes Ende. Wir können nur hoffen, dass suchtkranke Menschen auch weiterhin genügend Unterstützung auf ihrem Weg zu einem selbstbestimmten Leben mit einer geregelten Beschäftigung erfahren werden.