Stigmatisierung Suchtkranker im Diskurs der Fachwelt
Die Fachzeitschrift Suchttherapie hat sich in einem Schwerpunktheft (November 2024, S. 157-220) dem Thema Stigmatisierung gewidmet, da in der Öffentlichkeit und in der Versorgung suchtkranker Menschen nach wie vor eine bemerkenswerte Ungleichbehandlung stattfindet. Noch immer werden Abhängigkeitserkrankungen von einem hohen Anteil der Bevölkerung als „selbstverschuldet“ wahrgenommen und selbst bei Beschäftigten der Gesundheitsberufe findet man diese entsprechenden Einstellungs- und Verhaltensmuster. Betroffene reagieren darauf, indem sie diese, sich in unterschiedlichen Settings wiederholenden, negativen Zuschreibungen verinnerlichen. Selbstabwertung, eine verringerte Bereitschaft, Hilfe in Anspruch zu nehmen, und damit eine Verschlechterung des psychischen und physischen Zustands zählen zu den Folgen.
Auch die letzte Jahrestagung der österreichischen Gesellschaft für arzneimittelgestützte Behandlung Suchtkranker (ÖGABS) in Mondsee (Mai 2025) hat sich in zahlreichen Vorträgen Themen gewidmet, die innerhalb der schon stark stigmatisierten Gruppe Substanzabhängiger einen besonders tabuisierten Stellenwert einnehmen: Sexualität, Schwangerschaft und Familie. Nachzulesen sind die Abstracts der Vorträge im aktuellen Heft der Fachzeitschrift Suchtmedizin (27 (2), 2025).
Die Relevanz der Entstigmatisierung ist auch in der Suchtprävention immanent. Selektive und indizierte suchtpräventive Maßnahmen sind immer auch im Kontext einer möglichen Stigmatisierung der Zielgruppen zu betrachten. Wir ermutigen daher zu einem offenen, reflektierten und wertschätzenden Umgang sowohl in der Suchtprävention als auch in der Betreuung und Behandlung Suchtkranker und Konsument_innen psychoaktiver Substanzen. Betrachtet man die Konsummotive, so trägt die gesamtgesellschaftliche Haltung im kleinen (Familie, soziales Umfeld) und im großen (Traditionen, Werte, Normen, Trends, Gesetze) Rahmen dazu bei zu konsumieren. Daher trägt sie auch die Mit-Verantwortung für eine Verbesserung der Situation unserer Klient_innen.
