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Kolleg_innen - Angehörige im Betrieb

Im Verein Dialog ist die Angehörigenarbeit seit der Vereinsgründung vor 45 Jahren fest in die Betreuung und Behandlung in unseren Ambulanzen und Beratungsstellen implementiert.

Unter Angehörigen verstehen wir nicht nur Familienmitglieder, sondern alle Personen, die mit einer suchtkranken Person im persönlichen Umfeld zu tun haben, wobei der Anteil der Partnerinnen und Eltern natürlich eindeutig überwiegt. 

Ein spezieller Bereich, wo wir mit Angehörigen im Sinne des erweiterten Begriffs zu tun haben, sind Betriebe. Kolleg_innen und Führungskräfte sind besonders gefordert, wenn es in der Belegschaft einen Kollegen oder eine Kollegin mit einer Suchtproblematik gibt. Gerade die direkten Kolleg_innen stehen mit den Betroffenen in täglichem Kontakt, sind auf deren Zuverlässigkeit und den Arbeitseinsatz angewiesen und wissen nicht selten über deren Privatleben Bescheid oder sind sogar befreundet.

Meist haben die direkten Kolleg_innen früh einen Verdacht, bemerken eine Alkoholfahne oder ein auffälliges Verhalten als Erste. Zu Beginn wird aber oft versucht, darüber hinwegzusehen, oder es werden andere Begründungen für das Verhalten gesucht. Dies ist der Tatsache geschuldet, dass Sucht immer noch ein sehr tabuisiertes Thema ist. Daher wird es oft vermieden oder hinausgezögert, den Verdacht auszusprechen. Nicht selten kommt es auch dazu, dass das Fehlverhalten von den Teammitgliedern gedeckt wird, im guten Glauben die Person vor möglichen Konsequenzen des Arbeitgebers zu schützen. Doch Wegsehen bedeutet das Gegenteil von helfen. Damit wird das Suchtverhalten indirekt weiter unterstützt. Spätestens wenn die Probleme zunehmen, die Fehlerquote steigt und die Arbeitsleistung sinkt, kommt es zu massiven Belastungen des gesamten Teams, die mit einer Verschlechterung des Arbeitsklimas einhergehen. 

Doch wie können sich Kolleg_innen in dieser schwierigen Situation bestmöglich verhalten? Wenn die Beziehung es zulässt und die Mitarbeiter_in es sich zutraut, ist es ratsam, die Beobachtungen rückzumelden und das Verhalten anzusprechen. Wichtig ist hierbei: eine Mitarbeiter_in kann das tun, muss es aber nicht machen, es sei denn es besteht akut eine Gefährdung für die betroffene Person oder andere. Eine weitere Möglichkeit ist es, sich an betriebsinterne Unterstützungssysteme zu wenden. Im besten Fall leitet man aber den Verdacht inklusive Beobachtungen an die Führungskraft weiter. Denn die Vorgesetzen sind im Rahmen ihrer Führsorgepflicht angehalten, aktiv zu werden und schnellstmöglich zu handeln. Unsere Erfahrung zeigt, dass in Betrieben, die einen Stufenplan zum Thema Sucht implementiert haben und die Führungskräfte gut zu Sucht am Arbeitsplatz und die Interventionen geschult wurden, der Suchtverdacht frühzeitiger angesprochen wird und Interventionen früh gesetzt werden können und die Fälle häufiger positiv verlaufen. Dies hilft der betroffenen Person, aber auch dem gesamten Team und somit letztlich dem ganzen Unternehmen.

Es ist wichtig, Betroffene zu unterstützen, Hilfe anzunehmen, aber es ist genauso wichtig, sich Hilfe als Angehörige zu holen – sei es als Kolleg_in oder auch als Führungskraft. In der Beratung erhält man neben Informationen zu Sucht auch Unterstützung dabei richtige Interventionen aber auch Grenzen zu setzen.